Katrin Weilenmann
CARAVAN / Aargauer Kunsthaus, Aarau
2014

DE

Die Objekte von Max Leiß (*1982) sind einerseits als für sich stehende Skulpturen lesbar, ver­binden sich aber zugleich stets zu einem installativen Ganzen. Die aus Metall, Holz, Ziegelmehl, Draht oder Beton gefertigten, ungegenstandlichen Gebilde stellen sich den Betrachterinnen und Betrachtern in den Weg, lassen die Aufmerksamkeit zwischen dem Objekt und dessen architektonischem Umfeld oszillieren. So etwa die Elemente des für die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus entstandenen verzinkten Stahlgestells, die als skulpturale Zeichnung den Raum definieren. Max Leiß generiert aus teilweise gefundenen aber auch neu geschaffenen Materialien sein skulp­turales Vokabular. Die reduziert­ abstrakte Formen­sprache entwickelt sich aus einem offenen und experimentierfreudigen Ansatz. Ältere Arbeiten finden in teils fragmentierter Form Eingang in seine Installationen, bilden neue Kombinationen und verbinden das Vergangene mit dem Jetzigen und dem Möglichen. Diese Transformations­prozesse bilden eine wichtige Komponente im Schaffen des Künstlers: das Potenzial des Wachstums, die Spuren der unvorhersehbaren Veränderungen und der zeit­lichen Abläufe. Diese Aspekte sind im organischen Material der Pflanzenskulpturen in besonderem Masse angelegt. Weniger augenfällig, aber für den Künstler ebenso wichtig, ist was aus dem Titel spricht: act local, d.h. die Materialien dieser Arbeit stammen aus der unmittelbaren Umgebung des Ateliers. Der Topf ist aus Beton gegossen, der aus dem Atelierkeller stammt, und die Pflanze wuchs am nahegelegenen Rheinufer. Vermehrt treten Fotografien von Objekten und archi­tektonischen Situationen in Max Leiß’ Instal­lationen auf. Das Interesse des Künstlers richtet sich dabei weniger auf Geplantes oder Inszenier­tes, sondern vielmehr auf scheinbar beiläufig entstandene Konstellationen im Innen-­ und Aussen­raum, die im Verlauf der Zeit und aufgrund unter­schiedlicher Funktions­anforderungen gewachsen sind. Die Schwarz­Weiss ­Bilder stellen Beziehungen zu den Skulpturen her und erweitern seine Instal­lationen um weitere Assoziationsfelder. Im Aargauer Kunsthaus richtet der in Basel lebende Künstler seine Arbeit im Untergeschoss in der Sammlungspräsentation zu konstruktiven und kon­kreten Tendenzen ein. Angesichts der präzisen Werksetzung erstaunt es kaum, dass Max Leiß seine Arrangements immer vom jeweiligen Ausstellungs­raum aus entwickelt. In der besonderen Saalsituation -definiert durch die Ecksituation mit drei Durchgängen und den schwarzen Asphaltboden- manifestiert sich eine Kohärenz zu seinem Werk. So findet die in seinen Skulpturen inhärente Bezie­hung zwischen offenem und geschlossenem Raum, zwischen An-­ und Einsichten ihre Entsprechung in der architektonischen Begebenheit in Aarau.

EN

The objects of Max Leiß (b.1982) may be read as independent sculptures, yet they also combine with one another — through their careful placement in space — to form an integral installation. The non­representational shapes made of metal, wood, brick dust, wire or concrete place themselves like obstacles in the way of the viewers and cause his or her attention to turn back and forth between the object and its architectural environment — such as the elements of the steel frame created for the exhibition at the Aargauer Kunsthaus, which as a sculptural drawing of sorts define the space. Max Leiß generates his sculptural vocabulary part­ly from found materials, partly from materials he creates himself. The reduced, abstract formal language evolves from an open­ended and exper­imental approach. In sometimes fragmentary form, older works find their way into his installa­tions, creating new combinations and linking the past to the present and the feasible. These processes of transformation are an important component of the artist’s work: the potential of growth, traces of unpredictable changes and tem­poral sequences. Those aspects are inherent in particular to the organic material of the plant sculptures. Less obvious, yet equally important to the artist is the “act local” approach — mean­ing that the materials used for this work are from the immediate surroundings of the studio. The pots have been cast in concrete from the stu­dio’s basement and the plants grew on the nearby bank of the Rhine River. Increasingly, photographs of objects and architec­tural settings appear in Leiß’s installations. Yet the artist is less interested in planned or staged work as in constellations that seem to come about in passing, that have grown over time and as a result of various functional require­ments, be it in interior or outdoor spaces. The black ­and­ white pictures establish interrela­tions between the sculptures and create addition­al associative fields for his installations. At the Aargauer Kunsthaus, the artist is install­ing his work within the collection presentation focusing on constructive and concrete tendencies. Considering the precise placement of the works, it is perhaps not surprising that Leiß invariably uses the exhibition space as the starting point for developing his arrangements. In the particular gallery at the Kunsthaus, which has three pas­sages and a black asphalt floor, a certain coher­ence manifests itself between the work and its spatial context. For instance, the relationship between open and closed space, between aspects and insights that is inherent to his sculptures re­flects the architectural setting in Aarau.